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„Ein radikaler Musterwechsel in Schulen ist nötig“

Wilfried Schley über Schulerfahrungen im Lockdownim Interview mit Laura Krautkrämer, info3Magazin (November 2020)

Videokonferenzen statt Präsenzunterricht, selbstständiges Lernen zu Hause statt im Klassenraum: Die corona-bedingten, monatelangen Schulschließungen stellten alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Wir sprachen mit dem Erziehungswissenschaftler und Schulberater Professor Wilfried Schley darüber, was wir von den Erfahrungen im Lockdown lernen können.

Die mit dem Corona-Lockdown verbundenen Schulschließungen waren für alle Beteiligten eine Ausnahmesituation. Wie sind die Schulen, wie die Schülerinnen und Eltern damit klargekommen?
Zunächst gab es an vielen Stellen eine komplette Überforderung, weil innerhalb kurzer Zeit Lösungen für völlig neue Herausforderungen gefunden werden mussten. Der Lockdown bedeutete einen radikalen Musterwechsel: Die Schule war plötzlich nicht mehr der einzige Lernort und auch die Rolle der Lehrpersonen war verändert. Es ging jetzt eher um Begleitung, da die Schülerinnen viel stärker autonom lernen mussten. Dafür war natürlich auch zu Hause Unterstützung nötig, die jedoch nur wenige Eltern leisten konnten.
Die Lernkurve bei den Lehrenden war notgedrungen steil, wenn auch individuell sehr unterschiedlich und stark abhängig vom Engagement der einzelnen Kolleginnen.


Auf welche Ressourcen konnten sie zurückgreifen? Die Ressourcen mussten erst geschaffen werden. Auf solche Rahmenbedingungen war niemand vorbereitet: Plötzlich gab es neue Lernsituationen statt der klassischen Strukturen. Viele Schülerinnen konnten damit jedoch schneller gut umgehen als vielleicht erwartet. Ich habe ein hohes Maß an Aktivierung beobachtet, starke Motivation und viel Initiative. Es entstanden verschiedene Formen des kollaborativen Lernens. Vielerorts haben sich zum Beispiel spontan kleine Lerngruppen gebildet, in denen sich die Schülerinnen gegenseitig unterstützen konnten.

Dennoch hat der Lockdown bestehende Ungleichheiten verstärkt. Nicht alle Elternhäuser sind aufgrund des eigenen Bildungsstands, der familiären Situation oder auch der finanziellen Möglichkeiten in der Lage, die Kinder so zu unterstützen und auszustatten, wie es vielleicht nötig wäre. Was können die Schulen tun, um die Familien zu stärken? An den Schulen, mit denen ich zusammengearbeitet habe, gab es in der Tat ein starkes Gefälle, je nach Hintergrund der Familien. Manche Schülerinnen wurden in einer ohnehin schon angebahnten negativen Haltung bestärkt, andere konnten diese Zeit nutzen und davon profitieren. Die Schulen hatten häufig zu wenige Lehrkräfte, viele Elternhäuser wurden gar nicht erreicht. Da gab es eine massive Hilflosigkeit. (…)

Das gesamte Interview hier im PDF lesen.